Am Ostermontag, den 13. April wurde auf Bayern 1 im Radiogottesdienst unter dem Motto „Sich dem Leben in die Arme werfen“ u.a. über die Arbeit der Stiftung Wings of Hope Deutschland berichtet. Den Beitrag können Sie hier nachlesen:
„Viele Jahre war ich eingeschlossen, hinter dunklen Schutzmauern, kein Licht, keine Musik, keine Menschen, keine Gefühle, keine Sprache- es gab nichts“, so beschreibt es eine Frau, die von klein auf unsagbare Gewalt erlebte. Viele Jahre verstummte sie, war erstarrt und eigentlich nur noch eine Beobachterin am Rande des Lebens. Und doch gelang dann das Wunder: “Irgendwann drang ein kleiner Lichtstrahl hinein, aber, wenn man sich so an die Dunkelheit gewöhnt hat, ist das Helle nicht zu ertragen. Lange hat es gebraucht, bis ich mich hinausgetraut habe, kleine mühsame, vorsichtige Schritte, die aber irgendwann leicht und federnd wurden- als ob eine Lichtspur vor mir herlief. Immer wieder musste ich zurück, hinter die Schutzmauern, aber es war ein Weg ins Licht. Leben ist gewachsen- zart und fragil, viele kleine Verbindungsfäden- zu Menschen, zu Orten, zu Tönen, zu Worten, zu meinem Körper, alle haben eine bunte Spur hinterlassen und ein Netz gebildet, ein neuer Schutzraum ist entstanden, aber hier ist es hell und weit, es gibt viele Farben, Blumen, Vögel, Schmetterlinge den Himmel- alles ist da, es ist das Leben.“
Aber die Sorge, dass diese Fäden reißen könnten, die Angst wieder alles zu verlieren, sind noch allgegenwärtig. Immer wieder, jeden Tag muss sie sich vergewissern, dass es dieses Netz wirklich gibt. Und so kommt die Angst gerade in den letzten Wochen oft zurück, wenn auf einmal so vieles an Begegnung nicht mehr möglich ist, was sie sich mühsam zurückerobert hatte.
„Gottesdienst ist für mich wie Brot und Wasser. Gemeinsam singen, die Musik der Orgel, Brot und Wein im Abendmahl, die Weite und Schönheit der Kirche – und die Verbindung mit andere Menschen und Gott, all das wird für mich im Gottesdienst spürbar- aber ich muss es wirklich spüren- das ist im Fernsehen oder online nicht möglich. Echte Begegnungen sind für mich lebensnotwendig.“
Für mich ist dies eine Ostergeschichte- wenn Erstarrung neuem Leben weicht, dann ist das Auferstehung mitten im Leben.
Das Gefühl äußerster Verlassenheit, Ohnmacht und Hilflosigkeit ist der Kern der traumatischen Erfahrung. Traumata erschüttern, wie wir uns selber sehen, unser Vertrauen in andere Menschen und wie wir die Welt sehen.
Menschen, die unsagbares Leid überlebt haben brauchen Sicherheit, Gemeinschaft, das Gefühl etwas tun und bewirken zu können und die Hoffnung, dass etwas besser wird. In den Wochen der Ausgangsbeschränkung wird dies für viele weggerissen.
Die Stiftung Wings of Hope, eine Stiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern setzt sich ein, um Menschen nach dem Trauma der Gewalt wieder Wege ins Leben zu öffnen. Trauma heilen, Frieden stiften und Versöhnung leben, dafür engagieren wir uns- in Deutschland und in Regionen, die noch unter Folgen eines Krieges oder sozialer Gewalt leiden, wie dem Irak, Israel und Palästina, Mittelamerika und Bosnien-Herzegowina.
Es braucht Menschen, die wissen, wie Traumata wirken, und die Betroffene dann begleiten können. Wir bilden deshalb Menschen aus sozialen Berufen in Traumatherapie und Pädagogik aus. Die ausgebildeten Kollegen unterstützen dann dort, wo sie leben Betroffene in Schulen, Beratungsstellen, Gemeinden oder Traumahilfezentren.
Für viele ist diese Ausbildung auch eine Auseinandersetzung mit eigenen Erfahrungen, wie bei einem Pfarrer aus El Salvador. Er schloss sich als junger Mann der Guerilla an. Die Sehnsucht nach einem Leben, in dem alle Menschen genug für ein gutes Leben haben, treibt ihn an. Er erlebte viel Gewalt, wird gefoltert und der Tod ist sein ständiger Begleiter. Er überlebt und setzt sich heute als Pfarrer für die Rechte der Armen in seiner Region ein. Aber immer wieder holen ihn die schrecklichen Erlebnisse von Krieg, Folter und Gewalt ein. In der Weiterbildung merkt er, dass es gut ist, sich noch einmal mit diesen Erlebnissen zu beschäftigen- und etwas wird heil in ihm. „Eigentlich habe ich in den letzten Jahren nur funktioniert. Es war wie Tot im Leben- jetzt kann ich das Leben wieder spüren und fühlen. Ich kann mich wieder freuen und auch traurig sein. Ich habe jetzt wieder Leben in meinem Leben“ so sagt er am Ende. „Für mich war dies ein Stück Heilung für mich selber und jetzt kann ich es auch an andere weitergeben“.