Im Oktober 2011 eröffnete unsere Partnerorganisation "Wings of Hope for trauma" inmitten der Altstadt von Bethlehem ein Traumahilfezentrum. Dort finden Menschen einen sicheren Ort, an dem sie sich öffnen können. Sie finden Fachleute, die ihnen zuhören und ihnen erklären, woher ihre Symptome und Schwierigkeiten kommen.
Sie lernen, ihre Beschwerden wie Albträume, Depressionen, Flashbacks oder körperliche Beschwerden als Folgen ihrer traumatischen Erfahrungen zu erkennen. Mit Hilfe traumatherapeutischer Unterstützung können sie eigene Ressourcen und Kräfte mobilisieren und werden in ihrer Persönlichkeit gestärkt. Sie erfahren Hilfe, damit die schrecklichen Erfahrungen sie nicht mehr dominieren. Es gelingt ihnen, neue, gewaltfreie Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen.
Menschen, die Hilfe im Zentrum suchen, leiden unter der Gewalt aufgrund der politischen Situation. Verhaftungen, Todesfälle in der Familie, Unfälle, häusliche und sexualisierte Gewalterfahrungen sind existentiell bedrohliche Erfahrungen, weswegen sie therapeutische Hilfe brauchen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene erhalten im Traumahilfezentrum Beratung und Therapie.
Der immer wieder eskalierende Konflikt und die andauernde militärische Besatzung hinterlassen Spuren in der palästinensischen Gesellschaft. Die Anzahl der Menschen mit Traumatisierungen und seelischen Verletzungen ist groß. Wenn Menschen schlimme Situationen erleben, dann prägt dies das weitere Leben. Viele der Betroffenen leiden unter schweren Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Je länger die unsichere und bedrohliche Situation anhält und je früher sich die Traumata im Leben ereignen, umso schwerer sind die Symptome.
Genau an diesem Punkt setzen wir mit unserem Partner vor Ort an. Unser Kooperationspartner Wings of Hope for trauma ist eine eigenständige und gemeinnützige Organisation mit Sitz in der Altstadt von Bethlehem. Wings of Hope for trauma ist mit dem Ziel entstanden, Menschen mit traumatischen Erfahrungen zu beraten und zu behandeln, sie aus der passiven Opferrolle herauszuholen und sie dabei zu unterstützen, durch Perspektiven neue Hoffnung zu schöpfen.
Gemeinsam mit unserem Partner ergreifen wir in erster Linie Partei für Kinder und Jugendliche, damit diese ein Leben jenseits von Gewalt führen können. Im Zentrum arbeitet Wings of Hope for trauma daher in traumapädagogischen Gruppen mit Kindern zwischen neun und 13 Jahren und mit ihren Eltern. Ein Großteil der palästinensischen Kinder und Jugendlichen leidet unter psychischen Problemen wie Schlafstörungen, Angstzuständen und Konzentrationsschwierigkeiten. Den traumatisierten Kindern und Jugendlichen wird die Fähigkeit zur Selbstberuhigung vermittelt und sie werden stabilisiert (psychische, soziale und körperliche Stabilisierung). Die Stabilisierung dient vor allem dazu, die Fähigkeiten, die zur Bewältigung des Alltags nötig sind, wieder zu erlangen oder neu zu finden.
Ein weiteres Ziel ist es, das Wissen im Bereich der Traumatherapie zu verbreiten. Dies geschieht in Form von qualifizierten Modulen. Im Traumahilfezentrum in Bethlehem bieten wir in Kooperation mit dem zptn (Zentrum für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen) ein Traumacurriculum an. Das Curriculum macht in sechs Modulen in einem Zeitraum über zwei Jahre lokale Kräfte mit den Grundlagen und Konzepten der modernen, wissenschaftlich fundierten Psychotraumatologie, Neurobiologie, Traumatherapie, Traumaberatung und mit traumapädagogischen Konzepten vertraut. Bisher haben über 80 lokale Kräfte die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.